Die Herausforderungen dieser Krankheit sind gigantisch.
Von Anno FrickeBERLIN. Die Förderung der Prävention, Hilfen für die Angehörigen und die Ausarbeitung eines Disease Management Programms (DMP) für an einer Demenz erkrankte Menschen sollen die Kosten der Volkskrankheit Demenz eindämmen helfen. Bei Diagnose, Therapie und Betreuung Demenzkranker müssen alle an einem Strick ziehen, fordern Experten.
Die Regierung werde den Aufbau regionaler sektorenübergreifender Netzwerke anstoßen und die Qualitätssicherung in der Pflege Demenzkranker verbessern, kündigte die parlamentarische Staatssekretärin im Gesundheitsministerium Annette Widmann-Mauz (CDU) in Berlin an. Schon Anfang Februar soll über die Situation pflegender Angehöriger und die Ausbildung professioneller und ehrenamtlicher Pflegekräfte in der Regierung beraten werden.
Die aktuellen und vor allem die auf das Gesundheitswesen zurollenden Kosten und Folgen der Demenz trieben alle Rednerinnen und Redner beim parlamentarischen Abend der Merz Pharma Gruppe anlässlich des zehnjährigen Bestehens des Zukunftsforums Demenz um. „Die Aufwendungen der Sozialversicherungen liegen heute schon bei Dementen um mindestens 800 Euro monatlich höher als bei nicht dementen Personen“, zitierte Professor Ingo Füsgen von der Universität Witten/Herdecke den aktuellen Pflegereport der Barmer GEK.
Derzeit schätzen Mediziner die Zahl der Dementen in Deutschland auf eine Million. Die Zwei-Millionen-Schwelle ist schon in Sicht. „Wenn die Babyboomer in den kommenden 20 Jahren das kritische Alter erreichen, stehen ihnen nur mehr eine begrenzte Zahl an Hausärzten, Fachärzten und Pflegekräften gegenüber, die über die nötige Expertise verfügen“, warnte Dr. Frank Bergmann. Bei Haus- und Nervenärzten zeichneten sich zumindest regional Versorgungsengpässe ab, sagte der Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte (BVDN).
„Das Ausmaß der Krankheit lässt keinen Raum für Konkurrenz zwischen Ärzten, Sektoren oder politischen Parteien“, pflichtete Professor Klaus-Dieter Kossow bei. Die Politik werde den Zeitpunkt verfluchen, zu dem sie sich das Gesundheitssystem unter den Nagel gerissen habe, sagte Kossow.
Defizite machten die Fachleute bei der leitliniengerechten Diagnostik und Therapie bei demenzkranken Patienten aus. Nur ein Drittel der Patienten habe Kontakt zu einem Neurologen. Es fehlten ausgearbeitete Behandlungspfade, sagte Frank Bergmann.